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18. Januar 2012

Polizei hatte Helfer der Zwickauer-Terrorzelle früh im Visier

dapd. Im Fall der Zwickauer Terrorzelle kommen immer mehr Details über frühzeitige Ermittlungsergebnisse ans Licht. Wie der MDR Thüringen am 17. Januar unter Berufung auf einen aktuellen Geheimbericht des Bundesamtes für Verfassungsschutz berichtet, hat das Thüringer Landeskriminalamt (LKA) nach dem Untertauchen des Neonazi-Trios im Januar 1998 offenbar mehrere mutmaßliche Unterstützer im Visier gehabt. Zu diesen gehörte dem Medienbericht zufolge der sächsische Sektionschef der inzwischen verbotenen Neonaziorganisation „Blood&Honour“. Dieser sei sogar verdächtigt worden, Waffen für das untergetauchte Trio zu besorgen.
Die Rechtsterroristen Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe flogen im November 2011 auf. Die Ermittler machen die Gruppe, die als Zwickauer Terrorzelle bekannt wurde, für bundesweit zahlreiche Morde an Kleinunternehmern türkischer und griechischer Herkunft verantwortlich. Das Trio lebte mehr als 13 Jahre nahezu unbehelligt von den Sicherheitsbehörden im Untergrund.

Vergangene Woche beschlossen die Bundestagsfraktionen, einen Untersuchungsausschuss sowie eine Bund-Länder-Expertenkommission einzusetzen, um die Vorgänge aufzuklären. Inzwischen erarbeiten die Fraktionen einen konkreten Untersuchungsauftrag. Unions-Fraktionsgeschäftsführer Peter Altmaier sagte am Dienstag in Berlin, er halte es für realistisch, dass das Mandat in der kommenden Woche beschlossen werde. Am Montag habe es auf Mitarbeiterebene erste Arbeiten an der Formulierung gegeben, sagte der CDU-Politiker. Er sehe da inhaltlich „keine größeren Probleme. Da werden wir uns einigen.“ Zwei oder drei Sitzungen werde es aber noch brauchen.

Friedrich zeigt sich zufrieden mit neuer Verbunddatei

Am 18. Januar hat die Bundesregierung die sogenannte Verbunddatei als neues Instrument der Sicherheitsbehörden im Kampf gegen den Rechtsterrorismus beschlossen. In dieses bundesweit abrufbare Verzeichnis sollen verdächtige Rechtsextreme mit „Gewaltbezug“ aufgenommen werden. Mit dieser Maßnahme sollen Ermittlungen erleichtert und die Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden gestärkt werden.

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich hat die Einrichtung einer Verbunddatei für Neonazis als wichtigen Schritt im Kampf gegen den Rechtsextremismus bezeichnet. „Das ist ein großer Fortschritt“, sagte Friedrich am Rande einer Unions-Fraktionssitzung am 17.1. in Berlin.

Die Behörden seien auf die Informationen und deren Aufbereitung angewiesen, um die rechtsextremen Strukturen zu durchdringen. Dies sei durch die Verbunddatei nun besser gegeben.

Nach zähen Verhandlungen zwischen Innen- und Justizressort will das Kabinett am Mittwoch den Gesetzesentwurf zur Einrichtung einer Verbunddatei für Neonazis beschließen. In der für Ermittler bundesweit abrufbaren Datenbank sollen künftig all jene Rechtsextremisten aufgeführt werden, die einen klaren Bezug zur Gewalt zeigen.

Sofern bei Polizei oder Nachrichtendiensten bereits Erkenntnisse gegen eine verdächtige Person vorliegen, wird dies im System angezeigt. Die Ermittler können dann erste Grunddaten nutzen und sich an die konkrete Behörde wenden, die den Eintrag vorgenommen hat.

Schaar sieht Einwände gegen Neonazi-Datei weitgehend ausgeräumt

Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar hat keine großen Einwände mehr gegen die geplante Datei über Neonazis. „Ich bin erleichtert, dass vielen meiner Kritikpunkte Rechnung getragen wurde“, sagte Schaar der Süddeutschen Zeitung. „Die Schranken und Schwellen sind höher geworden.“ Schaar machte aber klar, dass er Sorge vor weiteren großangelegten staatlichen Datensammlungen hat. „Im Grundsatz beurteile ich die Tendenz zu immer neuen gemeinsamen Dateien unterschiedlicher Behörden weiterhin kritisch“, sagte er.

Auf Drängen auch von FDP-Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger wurde unter anderem der Kreis jener Neonazis begrenzt, die künftig in der gemeinsamen Datei von Polizei, Verfassungsschutz und Militärischem Abschirmdienst erfasst werden sollen.

Bereits 1998: Hinweise auf Aufenthalt der Terroristen

Laut MDR hat es nach dem Untertauchen des Trios auch Hinweise gegeben, wonach sich die Terroristen 1998 in Jena und Umgebung aufgehalten haben könnten. Unter anderem seien Kontaktmänner und auch Böhnhardts Vater beobachtet worden, berichtet der Sender unter Hinweis auf das Dossier des Verfassungsschutzes. Mitglieder des rechtsextremen „Thüringer Heimatschutzes“ sollen überdies versucht haben, den drei Untergetauchten zu helfen. Zudem sei das Thüringer LKA vom Bundesamt für Verfassungsschutz im Juni 1998 über ein „konspiratives Versteck im Großraum Dresden“ informiert worden, berichtet der MDR. Allerdings sei dies mit dem Verweis geschehen, es seien keine „Exekutivmaßnahmen von Thüringen notwendig“.

Bereits am 16.1. war bekannt geworden, dass der „Thüringer Heimatschutz“ von mehreren V-Leuten und mehreren Behörden überwacht wurde. Bisher war lediglich von einem einzigen V-Mann die Rede. Das Zwickauer Trio gehörte dem rechtsextremen Netzwerk an.

Ermittler entdecken NSU-Werbebrief

Ermittler entdeckten derweil auf einer Computerfestplatte aus dem Zwickauer Haus der Gruppierung eine Art Werbebrief der Terroristen. „Wir haben einen solchen NSU-Brief auf einem Datenträger sichergestellt“, sagte der Sprecher der Bundesanwaltschaft, Marcus Köhler, am Dienstag auf dapd-Anfrage in Karlsruhe. Bislang gebe es aber „keine belastbaren Anhaltspunkte“ dafür, dass der Brief auch verschickt worden sei.

Der Süddeutschen Zeitung zufolge wurde das Pamphlet mit dem Dateinamen „NSU Brief.cdr“ zuletzt am 5. März 2002 geändert. Zu diesem Zeitpunkt hatten die NSU-Terroristen bereits vier türkischstämmige Kleinunternehmer erschossen. In dem Brief, mit dem sie vermutlich Gleichgesinnte gewinnen wollten, heißt es laut der Zeitung: „Verfolgung und Strafen zwingen uns, anonym und unerkannt zu agieren.“

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