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12. März 2013

Rechtsextremismus: Abgetauchte Neonazis gelten als „tickende Zeitbomben“

Von Manuel Bewarder und Martin Lutz, erschienen auf Die Welt Online, 12.3.2013. Die Zahl der untergetauchten Rechtsextremen liegt deutlich höher als die zuletzt von der Regierung angegebene. Mehr als 250 Neonazis sind flüchtig, gegen sie liegen nicht vollstreckte Haftbefehle vor.
Kurz vor dem Auftakt des Prozesses zur Mordserie des Nationalsozialistischen Untergrundes (NSU) werden noch sehr viele Rechtsextremisten in Deutschland gesucht. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Bundestagsfraktion der Partei Die Linke hervor, die der „Welt“ vorliegt.

Demnach sind 266 Straftäter aus der rechtsextremistischen Szene abgetaucht. Gegen sie liegt ein noch nicht vollstreckter Haftbefehl vor. Nach 182 von ihnen wird derzeit noch aktuell gefahndet.

Die Delikte, die zum Haftbefehl führten, haben dabei nur selten einen politisch motivierten Hintergrund – so geht es oft auch um Taten wie Fahrerflucht oder nicht bezahlten Kindesunterhalt – eine terroristische Straftat ist nicht darunter. In Zahlen ausgedrückt, ist bei 44 Personen eine rechts motivierte Straftat der Grund für den Haftbefehl, nur fünf werden aufgrund einer politisch motivierten Gewalttat gesucht, zumeist wegen Körperverletzung. Gleichwohl gelten viele der 266 Abgetauchten, die eindeutig dem rechtsextremistischen Spektrum zugeordnet werden, für Sicherheitsexperten als „tickende Zeitbomben“.

Brisant vor dem Hintergrund der NSU

Brisant ist das Phänomen vor dem Hintergrund, dass die Mitglieder der Terrorgruppe NSU nach ihrem Abtauchen jahrelang unerkannt mutmaßlich mordend durch Deutschland ziehen konnten. Lange gab es auch gegen sie offene Haftbefehle.

Die nun präsentierte Zahl der abgetauchten Rechtsextremen liegt deutlich höher als die zuletzt angegebene. Im Oktober hatte Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) der „Welt am Sonntag“ gesagt, dass rund 110 Rechtsextremisten untergetaucht seien und per Haftbefehl gesucht würden.

Der Anstieg hängt damit zusammen, dass inzwischen mehr Datensätze in die Statistik einbezogen sind. Nach Angaben der Bundesregierung verbessert sich damit die Treffergenauigkeit. Das Maß an Vollständigkeit soll höher sein. Die Problematik, gesuchte Neonazis letztlich auch festnehmen zu können, erscheint damit wesentlich größer als vermutet.

Die Antwort der Regierung gibt einen Überblick über die 266 gesuchten Neonazis, enthält freilich keine Namen. Die Zahlen beruhen zum großen Teil auf der 2012 ins Leben gerufenen Rechtsextremismus-Datei sowie den Datenbanken der Länderpolizeien (Inpol) und des Bundesamtes für Verfassungsschutz (Nadis).

Wenige enge Kontakte zur NPD

Ein genauer Blick zeigt, wie wichtig ein verbesserter Abgleich ist: Das Bundesamt zum Beispiel hat nur zu 91 der insgesamt 266 Rechtsextremen Informationen erfasst. Bei der Polizei gibt es dazu Angaben zu 83 Personen.

Nur wenige der von den Verfassungsschützern Gesuchten haben eine enge Verbindung zur NPD, die demnächst verboten werden könnte. Lediglich fünf dieser 91 Erfassten werden der rechtsextremen Partei oder ihrem Umfeld zugerechnet. Neun haben Verbindungen zur Kameradschaftsszene oder zum freien neonazistischen Spektrum. Vier der Gesuchten haben engen Kontakt zur rechtsextremistischen Musikszene, zwei gehören zur Skinhead-Szene.

Eine mangelhafte Zusammenarbeit der Fahnder in der Vergangenheit hat jetzt der NSU-Untersuchungsausschuss Thüringens festgestellt. Beim Kampf gegen Rechtsextremismus in den 90er-Jahren hätten die Sicherheitsbehörden des Landes versagt. „Es sind schwerwiegende Fehler gemacht worden“, sagte die Ausschussvorsitzende Dorothea Marx (SPD) bei der Vorlage eines Zwischenberichts.

Demnach wurden rechte Gefahren verharmlost sowie V-Leute des Verfassungsschutzes vor Strafverfolgung gewarnt. Auch sei die Beschäftigung des NPD-Funktionärs Tino Brandt als V-Mann des Thüringer Verfassungsschutzes unzulässig gewesen.

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