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29. Juni 2012

Verfassungsschutz will gelöschte Akten rekonstruieren

dapd. Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) will offenbar die von ihnen gelöschten Akten zur umstrittenen Operation „Rennsteig“ wieder rekonstruieren. Dies bot ein BfV-Vertreter dem zuständigen Untersuchungsausschuss des Bundestages an, wie die Nachrichtenagentur dapd am Donnerstag, 28.6.2012, aus Sicherheitskreisen erfuhr. Der Verfassungsschutz hatte noch nach Auffliegen der NSU Akten gelöscht, aus denen hervorgegangen sein soll, wie die Behörde und der Militärische Abschirmdienst (MAD) im Rahmen der Operation „Rennsteig“ mit V-Leuten aus der NSU-Vorgängerorganisation Thüringer Heimatschutz (THS) zusammengearbeitet hatte.

Den Angaben zufolge löschten die Verfassungsschützer noch am 11. November 2011 mindestens vier Akten über das umstrittene Projekt. Der NSU flog auf, nachdem die beiden Haupttäter, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt, nach einem Banküberfall am 4. November 2011 im Wohnwagen von der Polizei umstellt worden waren und Selbstmord begangen hatten. Die rechte Terrororganisation wird bundesweit für zehn Morde verantwortlich gemacht.

Die Abgeordneten des Untersuchungsausschusses zeigten sich am Donnerstag empört über die Vernichtung der Beweismittel. Der Obmann der FDP, Hartfrid Wolff, sagte, dies sei ein „unglaublicher Vorgang zu dem wir mehr Auskünfte vom Bundesamt für Verfassungsschutz fordern“. Grünen-Obmann Wolfgang Wieland sagte, der Vorgang stelle die Frage in den Raum, ob die bisherigen Auskünfte stimmten, dass die NSU-Terroristen nicht auf Lohnlisten der Verfassungsschutzämter standen.

 

Dazu

Proteststurm gegen Verfassungsschutz

Von Johann Tischewski und Joachim Peter (dapd). Das Schreddern wichtiger Akten im Fall der Zwickauer Terrorzelle bringt den Verfassungsschutz in große Bedrängnis. Mitglieder des Untersuchungsausschusses zum Rechtsterror warfen dem Bundesamt am Donnerstag in Berlin Vertuschung vor. Auch die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) empörte sich und sprach von einem „Image-Gau für die innere Sicherheit in Deutschland“. Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) kündigte eine „lückenlose Aufklärung“ an und nahm Behördenchef Heinz Fromm persönlich in die Pflicht.

Ein Referatsleiter des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) hatte am 11. November 2011 sieben Akten vernichten lassen, aus denen hervorging, wie im Rahmen der Operation „Rennsteig“ mit V-Leuten aus dem NSU-nahen Thüringer Heimatschutz zusammengearbeitet wurde. Der Beamte tat dies also wenige Tage, nachdem die Terrororganisation Nationalsozialistischer Untergrund aufgeflogen war. Die beiden Haupttäter, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt, hatten am 4. November 2011 Selbstmord begangen. Die Terroristen werden bundesweit für zehn Morde verantwortlich gemacht.

Parlamentarier werfen Behörden Vertuschung vor

Die Mitglieder des NSU-Untersuchungsausschusses zeigten sich empört über die offenkundig schwere Panne beim Verfassungsschutz. FDP-Obmann Hartfrid Wolff nannte den Vorfall einen „unglaublichen Vorgang“. SPD-Obfrau Eva Högl sprach von einem „unerhörten Skandal“. Erst die Aufforderung, die Beweismittel zusammenzustellen, habe bei den Sicherheitsbehörden offenbar dazu geführt, ebendiese zu vernichten. Es dränge sich deshalb der Verdacht auf, dass Fehler der Behörden vertuscht werden sollten.

Grünen-Obmann Wolfgang Wieland verlangte, es müsse geprüft werden, ob die bisherigen Auskünfte stimmten, dass die NSU-Mitglieder nicht auf den Lohnlisten der Verfassungsschutzämter standen. Im BfV wird dies jedoch weiterhin ausgeschlossen. Zudem boten die Geheimdienstler an, die Akten aus Kopien in anderen Ablagen wieder zu rekonstruieren.

Als mögliche Begründung für die Aktenvernichtung gab das BfV an, es sei bei der Suche nach Beweismitteln zu den NSU-Terroristen aufgefallen, dass die Speicherfristen für die fraglichen Dokumente abgelaufen seien. Doch das hielt CDU/CSU-Obmann Clemens Binninger für kaum glaubhaft: „Ich halte diese Begründung für wenig überzeugend, für wenig plausibel, weil man in so einem Fall natürlich die Amtsleitung fragen müsste.“

Ziercke: „Wir haben versagt“

Der Untersuchungsausschuss hatte am Donnerstag, 28.6.2012, mit dem Präsidenten des Bundeskriminalamtes (BKA), Jörg Ziercke, einen prominenten Zeugen geladen. Dieser gestand in der Anhörung ein, dass die deutschen Sicherheitsbehörden bei den Ermittlungen zum NSU versagt hätten. Er selbst bedauere, dass die Polizei und Nachrichtendienste ihrem Schutzauftrag nicht nachgekommen seien: „Wir haben versagt.“ Konkrete Fehler wollte Ziercke allerdings nicht nennen. Auch verteidigte er die Entscheidung, dass das BKA die Ermittlungen seinerzeit nicht an sich gezogen hatte.

Der Ausschuss will unter anderem klären, welche Rolle Ziercke bei den Ermittlungspannen gespielt hat. Die Terroristen sollen von 1998 bis zu ihrem Auffliegen 2011 nahezu unbehelligt von den Sicherheitsbehörden im Untergrund gelebt und ihre Morde begangen haben. Ziercke ist seit 2004 Präsident des BKA.

Derweil beschloss der Bundestag die Einführung einer Neonazi-Verbunddatei. Union, FDP und SPD stimmten für das Gesetz, Grüne und Linke dagegen. Das Instrument soll die Zusammenarbeit von Polizei und Verfassungsschutzbehörden im Kampf gegen Rechtsextremismus verbessern.

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