Israelitische Kultusgemeinde München und Oberbayern

Nachrichten

« Zurück

25. Mai 2012

Der Iran, die Bombe und das Prinzip Hoffnung

Von Clemens Wergin und Dietrich Alexander, erschienen auf Welt Online. Ex-BND-Chef Hanning hält israelische Luftangriffe mit bunkerbrechenden Waffen für möglich. Doch die iranischen Atom-Gespräche in Bagdad sind wenig konkret verlaufen.

Es gehört zum Geschäft der Diplomatie, immer den Silberstreif am Horizont zu betonen. „Es ist klar, dass beide Seiten Fortschritte wollen und dass es Gemeinsamkeiten gibt“, sagte die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton nach den zweitägigen Verhandlungen mit dem Iran in Bagdad. Ashton gab jedoch zu, dass es weiter „bedeutende Meinungsverschiedenheiten“ gäbe.

Die nächsten Gespräche sollen am 18. und 19. Juni in Moskau stattfinden.

Die US-Regierung hält die geplante Fortsetzung der Gespräche für eine positive Entwicklung. Die USA hätten keinen Durchbruch in den ersten zwei Runden erwartet, sagte der Sprecher des Weißen Hauses, Jay Carney. Es seien aber „konkrete Ideen“ ausgetauscht worden.

„Iran besteht auf seinem Recht“

„Worauf wir achten, sind Fortschritte“, betonte Carney. „Wir schauen auf die Ernsthaftigkeit auf der iranischen Seite dabei, auf die Besorgnisse der internationalen Gemeinschaft einzugehen. Und so weit sind diese Erwartungen erfüllt worden.“

Irans Chefunterhändler Said Dschalili erklärte, die Gespräche seien „intensiv, aber unvollständig“ gewesen. Er bemängelte, dass das Recht des Iran auf ein ziviles Atomprogramm erneut nicht anerkannt worden sei.

„Es ist klar, dass der Iran im Einklang mit dem Atomwaffensperrvertrag auf seinem Recht, einschließlich Urananreicherung, besteht und nicht zurückweicht.“.

Iraner betreiben viele Flugzeuge aus Amerika

In drei langen Plenarsitzungen und mehreren bilateralen Treffen hatten beide Seiten versucht, sich anzunähern. Der Ton der Gespräche sei außerordentlich konstruktiv gewesen, so hört man. Aber inhaltlich ist offenbar nur wenig Zählbares dabei herumgekommen.

Die EU 3 +3 hatten sich auf drei Forderungen konzentriert: Teheran soll die Anreicherung von Uran auf 20 Prozent einstellen, die Anreicherungsaktivitäten am weit in den Berg bei Qom getriebenen Standort Fordo aufgeben und den Teil des angereicherten Materials, der nicht unmittelbar gebraucht wird, zur Aufbewahrung ins Ausland geben.

Im Gegenzug hatten die EU 3 + 3 ein Anreizpaket geschnürt. Sie boten die Zusammenarbeit im Bereich ziviler Nukleartechnik an, etwa bei der nuklearen Sicherheit oder dem Forschungsreaktor in Teheran. Die Amerikaner zeigten sich auch bereit, dringend benötigte Ersatzteile für die zivile Luftfahrt zu liefern und bei der Wartung der Flugzeuge zu helfen.

Die Iraner betreiben viele Flugzeuge aus amerikanischer Produktion. Die Flotte ist aber wegen der amerikanischen Handelssanktionen seit Jahren in einem sehr schlechten Zustand.

Teheran wollte auch über regionale Themen reden

Die Iraner wollten ein grundsätzliches Recht auf Anreicherung durchsetzen. Dem stehen die EU 3 + 3 aber skeptisch gegenüber, weil der Iran auf drastische Weise gegen den Nichtverbreitungsvertrag verstoßen hat. Teheran wollte in Bagdad auch ausführlich über regionale Themen reden, etwa Syrien oder Bahrain.

Das haben die EU 3 + 3 nicht grundsätzlich ausgeschlossen, bestanden jedoch darauf, dass Kern der Verhandlungen das iranische Atomprogramm sei.

Der Iran war bei den vorangegangenen Verhandlungen in Istabul dazu aufgefordert worden, in Bagdad seine Vorschläge für eine Beilegung der Krise zu präsentieren. Nun waren die Iraner mit einem Fünfpunkteplan gekommen, dessen konkreter Gehalt aber ob der gewundenen iranischen Verhandlungsführung nicht so einfach zu destillieren gewesen zu sein scheint.

Die EU 3 + 3 halten es aber für einen Fortschritt, dass Teheran anders als früher bereit ist, über das Thema der 20-prozentigen Anreicherung von Uran zu reden.

Positives Engagement Russlands

August Hanning, der ehemalige Chef des Bundesnachrichtendienstes, hält es ebenfalls für ein gutes Zeichen, dass die Gespräche zumindest fortgesetzt werden und auch, dass die nächste Runde der Verhandlungen in Moskau stattfinden wird.

„Es hat sich in Bagdad zwar gezeigt, dass der Iran noch nicht zu substanziellen und konkreten Zugeständnissen bereit ist, aber das Engagement Russlands zeigt auch, dass Moskau keinerlei Interesse an einer atomaren Bewaffnung des Iran hat“, sagte Hanning „Welt Online“. Der Iran müsse entstandenes Misstrauen abbauen und wolle deshalb den Verhandlungsprozess nicht abwürgen.

Doch das sei schwierig angesichts der Tatsache, dass „Worte und Taten nicht zusammenpassen“, so Hanning, der sich als Chefberater des „Institute for Strategic Dialogue“ (ISD) sowie „United Against Nuclear Iran“ (UANI) dafür einsetzt, dass die Sanktionen gegen den Iran nicht vorzeitig aufgehoben werden.

Wirtschaftliche Schmerzen als Erscheinungsgrund

Die Gemeinschaftsinitiative argumentiert, dass die Iraner nur nach Bagdad und Moskau kommen, weil sie wirtschaftliche Schmerzen haben. Sanktionen gegen die Banken-und den Ölsektor fangen an zu wirken. Es sei ein Fehler, die anstehenden Sanktionen aufzuheben – genau an dem Punkt, wo sie eine Chance auf Wirkung haben.

Sollte der wirtschaftliche Druck reduziert werden, besteht die Gefahr, dass die Bereitschaft zu Verhandlungen des Irans wieder abklingen werde.

Hanning zufolge strebt Teheran die Fähigkeiten zur atomaren Bewaffnung an, dafür gebe es viele Anzeichen, die eben nicht friedlich seien: Das iranische Trägerwaffenprogramm einschließlich der Entwicklung von Gefechtsköpfen zum Beispiel oder die vor der Internationalen Atomenergiebehörde geheim gehaltenen Militär- und Atomforschungskomplexe.

Dabei dürfe die Macht von Präsident Mahmud Ahmadinedschad zwar nicht überschätzt werden, aber auch der Nationale Sicherheitsrat, die mächtigen religiösen Stiftungen und die Pasdaran (Revolutionsgarde) stünden hinter dem Programm.

Atomarer Erstschlag  – bunkerbrechende Waffen

Zu einem möglichen israelischen Präventivschlag sagte der ehemalige Geheimdienstchef: „Es kommen eigentlich nur zwei Optionen in Frage, wovon die eine eigentlich keine ist: Ein atomarer Erstschlag. Bleibt die zweite: Luftangriffe mit Bunkerbrechenden Waffen.“

Dafür lägen die Pläne wohl schon in den Schubladen der israelischen Luftstreitkräfte, doch „wir müssen wirklich alles tun, um das zu verhindern“, meint Hanning. „Und die Israelis würden vor einem Militärschlag im äußersten Falle auch nicht zurückschrecken.“ Deshalb sei es auch und vor allem im iranischen Interesse, ein wirksames und transparentes Kontrollsystem zuzulassen.

Tatsache bleibt jedoch, dass die EU 3 + 3 nach zwei Verhandlungsrunden nicht mehr vorzuweisen hat als eine generelle Bereitschaft des Iran, über die Anreicherung auf 20 Prozent zu reden. Obwohl die EU 3 + 3 konkrete Konzessionen angeboten haben hat Teheran seinerseits nicht ebenfalls mit konkreten Zugeständnissen geantwortet.

Michael Rubin, von 2002 bis 2004 Leiter des Iran-Büros im Pentagon, meint jedenfalls, dass nur Sanktionen, die ganze Sektoren der iranischen Wirtschaft umfassen, das Regime zum Einlenken bewegen könnten.

„Das Problem mit der Diplomatie ist, dass der Drang, irgendeinen Deal zu bekommen größer ist als der Drang, eine zufriedenstellende Lösung zu erreichen“, sagt Rubin „Welt Online“. Man wird sehen, ob die EU 3 + 3 diesem Drang bei den nächsten Verhandlungen in Moskau nachgeben.

Alle Beiträge der Kategorie Nachrichten ansehen »

VeranstaltungenÜberblick »

Juli 2024 | Siwan-Tamus | « »

  • So
  • Mo
  • Di
  • Mi
  • Do
  • Fr
  • Sa
  • 1
  • 2
  • 3
  • 4
  • 5
  • 6
  • 7
  • 8
  • 9
  • 10
  • 11
  • 12
  • 13
  • 14
  • 15
  • 16
  • 17
  • 18
  • 19
  • 20
  • 21
  • 22
  • 23
  • 24
  • 25
  • 26
  • 27
  • 28
  • 29
  • 30
  • 31
Alle Veranstaltungen »

Israelitische Kultusgemeinde
Kontakt
Israelitische Kultusgemeinde
München und Oberbayern K.d.ö.R.
St.-Jakobs-Platz 18
80331 München
Tel: +49 (0)89 20 24 00 -100
Fax: +49 (0)89 20 24 00 -170
E-Mail: empfang@ikg-m.de