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14. März 2012

Razzia gegen Rechtsextreme aus drei Bundesländern

Von Marco Pecht, dapd. Polizei und Staatsanwaltschaft ist am 13. März 2012 in Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Thüringen ein Schlag gegen die rechte Szene gelungen. Dabei wurden auch Mitglieder der rechtsextremen Partei NPD verhaftet. Am Morgen wurde schwerpunktmäßig der Hauptsitz der Neonazi-Organisation, „Aktionsbüros Mittelrhein“, im rheinland-pfälzischen Bad Neuenahr-Ahrweiler durchsucht.

Den Angaben der Ermittlungsbehörden in Koblenz zufolge wurden 24 Personen verhaftet, insgesamt 31 sollen für das als verfassungsfeindlich eingestufte Bündnis Straftaten wie Körperverletzungen oder Landfriedensbruch begangen haben. Ermittelt wurde gegen 33 Personen im Alter zwischen 17 und 54 Jahren. 19 der verhafteten Verdächtigen stammen aus Rheinland-Pfalz. Bei den NPD-Mitgliedern handele es sich nicht um Parlamentsabgeordnete, sagte Staatsanwalt Walter Schmegler. Über die Anzahl konnten keine Angaben gemacht werden, da bei den Durchsuchungen „nicht überall ein Parteiausweis gefunden“ worden sei.

Medienberichte, nach denen die führenden Neonazis des „Aktionsbündnisses Westdeutschland“, Axel Reitz und Paul Breuer, verhaftet wurden, wollten die Koblenzer Ermittler nicht kommentieren. Es habe aber Festnahmen in Köln und Düsseldorf gegeben.

Waffen und Propagandamaterial sichergestellt

Die Behörden gehen davon aus, dass das Neonazi-Aktionsbündnis für Gewalttaten gegen die linke Szene an verschiedenen Orten verantwortlich ist. Den Angaben zufolge wurden bei den Durchsuchungen ab 6.00 Uhr morgens Schreckschusspistolen, Baseballschläger und Propagandamaterialien wie Hakenkreuz-Fahnen, Hitlers „Mein Kampf“, Computer und verschiedene Schriftstücke sichergestellt. Diese Beweismaterialien müssten nun ausgewertet werden.

Einen Zusammenhang mit der Mordserie der rechtsextremen Zwickauer Terrorzelle gibt es nach Informationen der Staatsanwaltschaft nicht. Mitte des Jahres 2010 hätten sich durch die Ermittlungen der Kriminalpolizei Koblenz die ersten Hinweise ergeben, dass es sich bei dem „Aktionsbüro Mittelrhein“ um eine kriminelle Vereinigung und verfassungsfeindliche Gruppierung handele, sagte Oberstaatsanwalt Hans-Peter Gandner. Die polizeiliche Recherche habe sich äußerst schwierig gestaltet, da sich das Aktionsbüro strikt nach außen abgeschottet habe.

Hauptquartier an der Ahr gestürmt – Klima des Hasses und der Angst

Die Mitglieder des Aktionsbüros sollen bei der sogenannten „Anti-Antifa-Arbeit“ Informationen über die linke Szene gesammelt und veröffentlicht haben. Allen sei bewusst gewesen, „dass ein Klima des Hasses geschaffen und Ängste geschürt werden“, hieß es von der Staatsanwaltschaft. Das Hauptquartier in Bad Neuenahr-Ahrweiler ist laut Polizei als rechtes Wohnprojekt „braunes Haus“ bekannt. Von dort aus sollen Kundgebungen und Demonstrationen geplant worden sein. Die Mitglieder werden auch beschuldigt, besonders im Ahrtal Mitglieder der linken Szene massiv unter Druck und öffentlich an den Pranger gestellt haben.

Die Orte der Razzia gegen Neonazis

dapd. Durchsuchungen gab es in folgenden Orten:

Rheinland-Pfalz:

  • Bad Neuenahr-Ahrweiler
  • Grafschaft
  • Sinzig
  • Gönnersdorf
  • Schalkenbach
  • Rheinbreitbach
  • Remagen
  • Mülheim-Kärlich
  • Koblenz
  • Bendorf

Nordrhein-Westfalen:

  • Düsseldorf
  • Bonn
  • Pullheim
  • Köln
  • Erfstadt
  • Schleiden
  • Freudenberg

Thüringen:

  • Kahla

Ard-Recherchen: NPD-Vize war eng mit Terrorzelle vernetzt

tagesthemen.de, 12.3.2012. Seit den jüngsten Enthüllungen über rechtsextremistischen Terror in Deutschland stellt sich die Frage, wie vernetzt die NPD und die Terrorzelle „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) sind oder zumindest waren. Nach Recherchen der ARD waren die Kontakte enger als bisher bekannt. Demnach hat der stellvertretende NPD-Bundesvorsitzende und Thüringer Landeschef Frank Schwerdt über Jahre enge Kontakte zu mehreren mutmaßlichen Mitgliedern und Helfern der NSU.

In einem am 12. März 2012 in den ARD-„tagesthemen“ ausgestrahlten Interview räumte Schwerdt ein, dass Uwe Mundlos, eines der mutmaßlichen NSU-Mitglieder, Ende der neunziger Jahre mindestens ein Mal als Fahrer für ihn tätig war. Auf einem der ARD vorliegenden Foto vom 17. Januar 1998 ist er außerdem mit der mutmaßlichen NSU-Terroristin Beate Zschäpe bei einer Demonstration in Erfurt zu sehen. Nur zehn Tage später tauchten Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt in den Untergrund ab.

Politischer Ziehvater

Schwerdt gilt demnach zudem als politischer Ziehvater von Ralf Wohlleben, der in Untersuchungshaft sitzt und das Trio mit einer Waffe versorgt haben soll. Zugleich räumte Schwerdt ein, etwa drei Wochen nach dem Abtauchen der Zwickauer Zelle mit André K. in Berlin einen mutmaßlichen Helfer empfangen zu haben. Dieser bat ihn demnach um Unterstützung für die Zelle. Er habe ihnen aber nicht helfen können und wollen, sagte Schwerdt weiter.
Hintergrund

Der Rechtsextremismus-Experte Hajo Funke von der FU Berlin bewertet Schwerdts Rolle Ende der 90er-Jahre als entscheidend für die Radikalisierung rechtsextremer Jugendlicher. „Wenn es jemanden gibt innerhalb des NPD-Bundesvorstands, weswegen die NPD verboten werden könnte, dann ist es die ideologische Haltung und politische Praxis von Frank Schwerdt.“

Das Neonazi-Trio Zschäpe, Mundlos und Uwe Böhnhardt wird für neun Morde an Migranten und den Mord an einer Polizistin in den Jahren 2000 bis 2007 verantwortlich gemacht. Zuletzt lebte die Gruppe unerkannt im sächsischen Zwickau.

NSU soll keinen Bundeswehr-Sprengstoff benutzt haben

dapd. Bei den Nagelbomen-Anschlägen der Zwickauer Terrorzelle wurde nach Angaben der Bundesregierung kein Sprengstoff der Bundeswehr verwendet. Medienberichte über die Verwendung von Sprengstoff, der aus einem Munitionsdepot in Thüringen gestohlen wurde, hätten sich „nach hiesiger Kenntnis als unzutreffend“ erwiesen, teilte die Regierung in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Grünen am 13.3.2012 in Berlin mit.

Aus den Jahren 2001 bis 2011 liegen den Angaben zufolge insgesamt zehn Meldungen zu Fehlbeständen an Sprengmitteln der Bundeswehr vor. In keinem der Fälle habe es Hinweise auf einen Diebstahl gegeben, hieß es.

Die rechtsextreme Zwickauer Terrorzelle wird unter anderem für zwei Nagelbomben-Anschläge in Köln 2001 und 2004 verantwortlich gemacht. Dabei wurden 22 Menschen zum Teil lebensgefährlich verletzt. Insgesamt sollen die Rechtsterroristen zehn Morde begannen haben.

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